Ich
trage gern kurze Röcke. Sehr gerne sogar. Glücklicherweise bekomme ich nicht so
viele dumme Sprüche zu hören. Nicht mehr. Oder ich höre es einfach nicht mehr.
Kann auch sein. Jedenfalls tobe ich mich aus seit ich realisiert habe, dass ich
anziehen kann was ich will. Das war aber nicht immer so und leider gibt es
immer noch Frauen, die sich nicht trauen, zu tragen was ihnen gefällt. Ich weiß
noch genau, wie es war, als ich ein kleines Regalbrett voll mit weiten Jeans
und ein paar T-Shirts und Pullovern hatte. Reichte ja. Zumindest, wenn es nach
dem ging, der mir diese Kleidung verordnet hatte. „Zieh dich nicht an wie eine
Nutte. Oder willst du irgendwelche anderen Typen abschleppen?“ Das waren die
Worte, die sich bei mir eingebrannt hatten. Wie eine Nutte. Andere Typen
abschleppen. Und schon hatte ich beides mit dem Gedanken an kurze Kleidung
verknüpft und nicht mehr nachgefragt. „Und viel Kleidung braucht man ja auch
nicht, wenn man regelmäßig die Waschmaschine benutzt.“
Das
ist etwas, das sich mir eingebrannt hatte
und das ich nicht so leicht loswurde. Und noch heute habe ich ein
Problem damit, herumzulaufen wie ich
will. Nicht wie es andere von mir verlangen.
Wer
kennt diese Sprüche nicht? „Selbst schuld, dass sie in der Schule gemobbt wird.
Was trägt die auch so komische Klamotten?“ „Selbst schuld, dass sie belästigt
wurde, dieser Rock war ja quasi eine Einladung dazu.“ „Warum ziehst du dich so
nuttig an? Hast du keinen Freund? Selbst schuld, wenn du so herumläufst. Das ist doch gleich eine Einladung.“
Okay,
also ist kurze Kleidung ein Zeichen dafür, dass ich jemanden abschleppen will
und jeder, der mich sieht, hat das Recht, mich anzugrabschen oder auszulachen?
Das ist genauso wie wenn man mir erzählen würde, ich hätte keinen Bock darauf,
zu heiraten und Kinder zu bekommen, nur weil ich eine Ausbildung zur
Krankenschwester mache. Schichtdienst und harte körperliche Arbeit. Da hat man
dann keinen Bock mehr, seinem Typen alles hinterher zu tragen, ne? Aber ganz
ehrlich: Das hätte ich ohnehin nicht. Selbst wenn ich im Büro von 8:00 bis
16:00 Rechnungen und Geschäftsbriefe tippen würde. Aber das wäre doch ein viel
angesehenerer Beruf. Ich bin doch selbst daran schuld, wenn mich jetzt keiner
mehr haben will, wenn ich an Wochenenden, Nachmittagen und später noch in
Nächten arbeite, völlig verstört von der Arbeit komme, weil sich dort während
meiner Schicht jemand aus Versehen selbst den Katheter gezogen hat oder ein
Kind gestorben ist und ich doch sowieso, selbst wenn ich einen anderen Weg
eingeschlagen hätte, keine kleine arbeitslose, zugeknöpfte und stille Dienerin
gewesen wäre. Nee, irgendwie sehe ich das anders. Ich will mittlerweile
niemandem außer mir selbst gefallen. Ich arbeite in dem Beruf, den ich machen
will, trage das, worin ich mich wohlfühle und würde meinen Kleidungsstil
genauso wenig wie mein Leben meinem Beziehungsstand anpassen. Ich bin ein
eigenständiger Mensch und keine einsame Hälfte oder irgendwann wieder Teil
einer Einheit, die sich „Paar“ nennt, als der man gefälligst scheiße auszusehen
hat, weil man ja niemanden mehr beeindrucken muss.
Darauf
habe ich keinen Bock. Ganz ehrlich. Ich will mir nicht anhören: „Darfst du das
überhaupt? Ist dein Freund nicht eifersüchtig?“ Für die, die es wissen wollen:
Nein, denn ich habe keinen. Aber auch in meinen letzten drei Beziehungen war
das nie ein Thema gewesen. Nummer Eins nehme ich da mal aus, der war sowieso
ein Arschloch, was nicht so ganz die Regel ist bzw. sein sollte. Wieso sollte
so etwas auch ein Thema sein? Er muss es ja nicht tragen, oder? Ist ja nicht so
als würde ich alle Männer in meinem Umfeld dazu zwingen, Miniröcke und bunte
Strumpfhosen zu tragen. Es ist sowieso eine schreckliche Sache, dass so etwas
noch immer gefragt wird. Dass anscheinend noch so viele Menschen der Meinung
sind, eine Frau müsse sich noch für alles die Erlaubnis ihres Mannes holen.
Nein, die brauche ich nicht. Und wenn ich keinen habe? Dann bin ich natürlich
so eine, die keiner haben will, weil sie doch bestimmt von einem Bett ins
andere springt. Als hätte ich nichts besseres zu tun. Meine Arbeit zum
Beispiel. Und ja, ich werde mein Leben lang Krankenschwester bleiben. Ja, ich
habe Schichtdienst, das ist mir klar. Dann soll eben mein Mann später schauen,
wie er sich mit um die Kinder kümmert. Und nein, meine Kinder werden keine
bleibenden psychischen und sozialen Schäden davontragen, nur weil ich so lebe
wie ich will. Immerhin befinden wir uns im 21. Jahrhundert und ich darf genauso
entscheiden, wie ich arbeite, welchen Beruf ich ausübe und wie ich mich privat
kleide wie es ein Mann darf. Zumindest sollte ich das dürfen. Wir haben noch
einiges Aufzuholen.
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