Sonntag, 7. Dezember 2014

Erster Auftritt: Abgehakt


Es ist schon etwas her, aber als ich am Freitag den 17.Oktober in dem Kino ankam, in dem der Poetry Slam stattfand, war ich nervös. Nervös und gehetzt, denn ich war spät dran. Und auf dem Weg dorthin hatte mich dann auch noch jemand so mies geschnitten, dass mein Auto fast hätte dran glauben müssen. Das fing ja mal gut an.
Ich kam also völlig abgehetzt dort an und hatte erst mal ein unglaubliches Mitteilungsbedürfnis, was den Vollpfosten betraf, der mich geschnitten hatte. Dann noch Fotos für die Zeitung stellen und ein paar Fragen beantworten, wie ich mich vorbereitet hatte und so. Vorbereitet. Ja. Natürlich. Hatte ich. Kein bisschen. Weil ich es immer vergessen hatte oder zu faul dafür gewesen war. Und jetzt stand ich dort und es war nur noch eine Stunde Zeit bis zum Beginn des Wettbewerbs.
Als ich mich dann alleine in dem Raum voller Leute umsah, von denen ich niemanden kannte, wurde es mir doch etwas mulmig. Um die Nervosität etwas einzudämmen, entschloss ich mich dazu, mich hin zu setzen um meinen Text zu lernen. Das hatte ich nämlich bis dahin auch nur halbherzig getan. Meine Schwester wartete draußen auf unsere Freunde, die mir noch zuschauen wollten. Vor allem vor ihnen wäre es mir etwas unangenehm gewesen zu versagen. Wenn sie schon extra mitkamen, wollte ich sie nicht enttäuschen. Dazu musste ich wissen, was ich da tat. Also erst mal lernen. Ich war ja so fleißig.
Auf jeden Fall wurde ich noch nervöser als die ersten Zuschauer hereinkamen und ich erst mal flüchten musste, weil ich es noch nicht gemerkt hatte und noch immer auf einem der Kinostühle saß um mir meinen Text auf die letzten Minuten noch einzuprügeln. Naja, ich habe mich dann mal zu den anderen Slammern gesellt und festgestellt, dass sie alle sogar richtiges Verständnis für meine Situation hatten, denn sie hatten ja alle mal angefangen. Doch das beruhigte mich nur wenig, denn ich konnte noch immer irgendwelche blöden Fehler machen, so lieb sich die anderen Teilnehmer auch um mich gekümmert haben.
Dann kam mein Auftritt. Startnummer zwei. Mein Gesicht war heiß und hochrot als ich auf die Bühne trat und eine leise Begrüßung ins Mikrofon stotterte. In diesem Moment hatte ich das Gefühl, dass mein ganzes Leben an mir vorbei zog. Meine Knie wurden weich und ich spürte, dass ich die Wahl hatte umzukippen oder die Sache zu rocken. Ich entschied mich dazu die Sache zu rocken und schluckte alle Angst und Zweifel unter, denn das war mein Text und ich war verdammt nochmal dazu in der Lage ihn geil rüber zu bringen. Immerhin kannte ich ihn mit seiner ganzen Vorgeschichte. Habe ihm aufs Papier geholfen und war dazu bereit, ihn der Welt (oder zumindest den Leuten, die in diesem Zuschauerraum saßen) vorzustellen als mein Baby. Ich hielt für einen kurzen Moment inne um mich zu sammeln bevor die ersten Worte aus mir herausbrachen. Erst noch leise und leicht erstickt, dann immer lauter und fester und irgendwann fühlte ich mich richtig wohl.
Als ich fertig war und von der Bühne trat überkam mich ein Gefühl der Erleichterung. Ich schritt zu den Sitzreihen für die Teilnehmer und setzte mich auf meinen Platz. Bevor ich wirklich begriff, was passierte, fiel ich der Teilnehmerin, die neben mir saß, vor Erleichterung um den Hals. Dass wir uns erst eine halbe Stunde vorher kennen gelernt hatten, war mir in dem Moment völlig egal.
Der Rest des Abends verging wie im Zeitraffer. Wir schauten uns zusammen die anderen Beiträge an und berieten ein wenig, wer denn das Rennen machen könnte.
Ins Finale wurde ich nicht gewählt, aber ich sehe es sportlich. Immerhin musste ich dann nicht noch mal da hoch und konnte es mir vollkommen stressfrei ansehen. Doch ich habe Blut geleckt und werde es wieder tun. Mal sehen, wann und wo ich genug Leute finde, die sich mit mir eine Zugfahrkarte teilen wollen.

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