Es ist schon etwas her, aber als ich am Freitag den 17.Oktober in dem Kino ankam, in dem der Poetry Slam stattfand, war ich nervös. Nervös und gehetzt, denn ich war spät dran. Und auf dem Weg dorthin hatte mich dann auch noch jemand so mies geschnitten, dass mein Auto fast hätte dran glauben müssen. Das fing ja mal gut an.
Ich
kam also völlig abgehetzt dort an und hatte erst mal ein unglaubliches
Mitteilungsbedürfnis, was den Vollpfosten betraf, der mich geschnitten hatte. Dann
noch Fotos für die Zeitung stellen und ein paar Fragen beantworten, wie ich
mich vorbereitet hatte und so. Vorbereitet. Ja. Natürlich. Hatte ich. Kein
bisschen. Weil ich es immer vergessen hatte oder zu faul dafür gewesen war. Und
jetzt stand ich dort und es war nur noch eine Stunde Zeit bis zum Beginn des
Wettbewerbs.
Als
ich mich dann alleine in dem Raum voller Leute umsah, von denen ich niemanden
kannte, wurde es mir doch etwas mulmig. Um die Nervosität etwas einzudämmen,
entschloss ich mich dazu, mich hin zu setzen um meinen Text zu lernen. Das
hatte ich nämlich bis dahin auch nur halbherzig getan. Meine Schwester wartete
draußen auf unsere Freunde, die mir noch zuschauen wollten. Vor allem vor ihnen
wäre es mir etwas unangenehm gewesen zu versagen. Wenn sie schon extra
mitkamen, wollte ich sie nicht enttäuschen. Dazu musste ich wissen, was ich da
tat. Also erst mal lernen. Ich war ja so fleißig.
Auf
jeden Fall wurde ich noch nervöser als die ersten Zuschauer hereinkamen und ich
erst mal flüchten musste, weil ich es noch nicht gemerkt hatte und noch immer
auf einem der Kinostühle saß um mir meinen Text auf die letzten Minuten noch
einzuprügeln. Naja, ich habe mich dann mal zu den anderen Slammern gesellt und
festgestellt, dass sie alle sogar richtiges Verständnis für meine Situation
hatten, denn sie hatten ja alle mal angefangen. Doch das beruhigte mich nur
wenig, denn ich konnte noch immer irgendwelche blöden Fehler machen, so lieb
sich die anderen Teilnehmer auch um mich gekümmert haben.
Dann
kam mein Auftritt. Startnummer zwei. Mein Gesicht war heiß und hochrot als ich
auf die Bühne trat und eine leise Begrüßung ins Mikrofon stotterte. In diesem
Moment hatte ich das Gefühl, dass mein ganzes Leben an mir vorbei zog. Meine
Knie wurden weich und ich spürte, dass ich die Wahl hatte umzukippen oder die
Sache zu rocken. Ich entschied mich dazu die Sache zu rocken und schluckte alle
Angst und Zweifel unter, denn das war mein Text und ich war verdammt nochmal
dazu in der Lage ihn geil rüber zu bringen. Immerhin kannte ich ihn mit seiner
ganzen Vorgeschichte. Habe ihm aufs Papier geholfen und war dazu bereit, ihn
der Welt (oder zumindest den Leuten, die in diesem Zuschauerraum saßen)
vorzustellen als mein Baby. Ich hielt für einen kurzen Moment inne um mich zu
sammeln bevor die ersten Worte aus mir herausbrachen. Erst noch leise und
leicht erstickt, dann immer lauter und fester und irgendwann fühlte ich mich
richtig wohl.
Als
ich fertig war und von der Bühne trat überkam mich ein Gefühl der
Erleichterung. Ich schritt zu den Sitzreihen für die Teilnehmer und setzte mich
auf meinen Platz. Bevor ich wirklich begriff, was passierte, fiel ich der Teilnehmerin,
die neben mir saß, vor Erleichterung um den Hals. Dass wir uns erst eine halbe
Stunde vorher kennen gelernt hatten, war mir in dem Moment völlig egal.
Der
Rest des Abends verging wie im Zeitraffer. Wir schauten uns zusammen die
anderen Beiträge an und berieten ein wenig, wer denn das Rennen machen könnte.
Ins
Finale wurde ich nicht gewählt, aber ich sehe es sportlich. Immerhin musste ich
dann nicht noch mal da hoch und konnte es mir vollkommen stressfrei ansehen.
Doch ich habe Blut geleckt und werde es wieder tun. Mal sehen, wann und wo ich
genug Leute finde, die sich mit mir eine Zugfahrkarte teilen wollen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen