Sonntag, 29. März 2015

Joey und die Penisausstrahlung

...oder: Ich habe den größten



Ja, ich habe hier „Penis“ im Titel und nein, es ist nicht um mehr Leser zu bekommen. Es ist ein Phänomen, das mich schon begleitet seit ich ein Teenager war. Ich sehe gut aus. Das ist wahr und das tat ich schon immer. Aber eines ist immer gleich, wenn ich Kerle kennen lerne: Sie sehen mich und akzeptieren mich als einen von ihnen. Das, meine Lieben, nennt sich Penisausstrahlung. Anfangs war es noch ganz cool, ich meine ich habe mich nicht so sehr dafür interessiert was es sonst noch gibt außer zusammen Wrestling zu schauen und über die Beauty-Bitches zu lästern, weil sie doch tatsächlich Popmusik statt Metal hörten. Nur leider wurde das ganze immer unvorteilhafter für mich, denn genau diese Beauty-Bitches übten im Laufe der Zeit immer mehr Anziehung auf meine lieben Freunde aus und ich war nach Jahren immer noch, naja, die Joey halt. Ihr Bro. Leider bin ich hetero und das ist auch schon der Punkt. Okay, ich komme wirklich besser mit Kerlen klar und bin gerne ein Kumpeltyp. Aber doch nicht immer. Ihr wisst ja sicher, dass jedes Mädchen irgendwann herausfindet, dass es anders ist als die anderen Jungs. Bei mir hat das gedauert bis ich 20 war, glaub ich. Jedenfalls war ich ziemlich spät dran. Da hatte ich meinen ersten Freund schon fast hinter mir und irgendwie habe ich mich vorher immer verhalten wie ein etwas tuntigerer schwuler Typ. Ich bin ja jetzt nicht so für Gendering, aber es fällt mir einfach keine andere Art ein es zu beschreiben. Und das trifft es eigentlich ganz gut.
Wie kommt so etwas eigentlich? Ich meine, klar, ich bin nicht so die dauer-aufgebrezelte Tusse, die nicht ungeschminkt aus dem Haus geht. Meine Haare sind kurz und es ist ja allgemein bekannt, dass Männer auf lange Haare stehen. Das ist mir aber Piepe, weil ich mich einfach mit kurzen Haaren viel wohler fühle, vielleicht könnte das ein Grund sein. Aber bis vor einem Jahr waren meine Haare noch lang... Anderer Ansatz: Ich benehme mich nicht wie das hilflose Weiblein, das beschützt werden muss. Die Jungfer in Nöten sozusagen. Im Gegenteil, ich handhabe es eher wie Meg aus dem Herkules-Zeichentrick. „Ich bin eine Jungfer, ich bin in Nöten, ich habe alles unter Kontrolle.“ So oder so ähnlich.
Leider nimmt es mir deshalb auch niemand ab, wenn ich dann mal auf klein und schwach mache, damit mir jemand die Tasche trägt. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die durchschauen, dass ich dann einfach nur zu faul bin. Dabei bin ich doch gar keine schlechte Schauspielerin. Einige sind natürlich so nett und tragen die Tasche dann doch. Aber das auch nicht so oft wie ich es gerne hätte. Ich frage mich wie einige es schaffen, dass ihnen die Typen zu Füßen liegen. Denen geht das oft auf die Nerven. Solche Frauen würden mir immer gerne etwas von ihrer Ausstrahlung abgeben und ich ihnen auch etwas von meiner. Leider ist das nicht ganz so einfach. Für mich ein bisschen mehr Vagina-Ausstrahlung und für sie ein bisschen mehr Penisausstrahlung und wir wären alle glücklich. Das Leben könnte so perfekt sein. Vielleicht liegt es daran, dass die meisten davon so klein sind. Ich bin ja relativ groß für weibliche Verhältnisse, glaube ich. Wenn ich dann noch hohe Schuhe trage, wirke ich einfach wie eine riesige Bohnenstange. Das ist es. Ich bin einfach zu groß.

Donnerstag, 26. März 2015

Ich habe keinen Bart



Worum geht es hier? Anfangs mag es wie Klamauk wirken, aber ich denke im Laufe des Gedichtes wird der ernste Hintergrund klar. Es geht übrigens nicht um Toleranz oder Gleichberechtigung. Nein, ich gehe noch einen Schritt weiter zur Gleichwertigkeit.


Ich habe keinen Bart

Jeder weiß, mein Leben ist hart
Denn ich habe keinen Bart
Traurig aber wahr
Ich leide darunter, sehr sogar
Es ist wie in der Schule die reichen Kinder
Aufgewachsen mit dem goldenen Löffel im Ar... Hintern
Mund
In der Reihenfolge ist das, glaub ich, nicht gesund.
Einen Unterschied macht das oftmals nicht
Man kennt ja das Wort „Arschgesicht“
Diese „Coolen“ lasen schon die Bravo und ich noch die Wendy
Sie hatten schon ein Farbdisplay-Klapphandy
Viele hatten in der Unterstufe Kleider an
Die ich mir heute noch nicht leisten kann

Und es ist immer wieder das gleiche Spiel
Wie in der Schule, ich will ja nicht viel
Nur gleich sein, als Mensch gesehen werden
Wie damals bei den Mädchen mit den Pferden
„Ich bin cool, denn ich habe ein Pferd!“
„Ich habe Bartwuchs und du bist nichts wert.“
So sind ja nicht alle, doch
Viel zu viele, selbst Kinder denken noch
Heutzutage nach diesem Schema
Ich habe keinen Bart
Ich bin kein Thema
Das ist ihre Art
Oftmals kann man nichts mehr dagegen tun
Nicht einmal mit einer Revolution

Wisst ihr was? Ich mache mir meinen Bart
Ich entscheide und das ist meine Art
Ich bin schon recht oft angeeckt
Weil ich eine Frau bin, die Röcke trägt
Als seien Hosen der Inbegriff der Emanzipation
Hosen als Zeichen der weiblichen Revolution
Ich aber habe meine Art
Und mache mir einfach meinen Bart
Indem ich tu, was ich wirklich will
Manchmal laut und manchmal still
Mal öffentlich, mal im kleinen Kreise
Doch immer auf meine eigene Weise

Ich bin die Hure, die an der Ecke steht
Ich bin die Frau, die fern der Heimat lebt
Ich bin der Mann, der ein wunderbarer Erzieher ist
Ich bin der Mann, der seinen Liebsten auf der Straße küsst
Ich bin das Mädchen, das nicht ernst genommen wird
Ich bin der Junge, der an Magersucht stirbt

Ich bin eine Frau und lebe aus, dass ich lesbisch bin
Ich bin eine Drag Queen und ich bin wunderschön
Ich bin ein Mann und beherrsche das Kochen perfekt
Ich bin eine Frau und nicht nur ein Sexobjekt
Ich bin ein Junge und liebe Einhörner
Ich bin das und noch so viel mehr

Jeder Mensch verdient einen Bart
Hiermit fordere ich meinen ein
Denn auf diese und jede andere Art
Will ich ein wertvoller Mensch sein
Und wenn es nur mit Gesichtsfrisur geht
Dann denke ich, dass sie mir wunderbar steht
Ich bin ein Mann und verzichte auf Macht und Ruhm
Ich bin eine Frau und kein Eigentum

Sonntag, 1. März 2015

Brief an einen Fremden



Hallo, du da!

Wusstest du schon, dass ich dich mag? Natürlich habe ich keine Ahnung, wer da gerade sitzt und das hier liest, aber es wäre doch wahrscheinlich, oder? Und das ist allemal besser als wenn ich der Meinung wäre, ich würde dich auf keinen Fall mögen. Man darf zwar nichts ausschließen, aber mir gefällt der Gedanke, dass du ein toller Mensch bist, besser. Immerhin hast du hier auch schon viel über mich erfahren und es wird noch mehr. Menschen, die ich nicht mag erfahren nicht so viel über mich.
Aber wieder zurück zum Thema. Jeder Mensch ist einzigartig und toll auf seine Art und Weise. Obwohl mir das viele nicht glauben wollen. Ich glaube es mir manchmal selbst nicht, aber es stimmt. Leider leben wir in einer Gesellschaft, in der Selbstzweifel als normal angesehen werden und Selbstbewusstsein als übertriebene Arroganz, sei es physischer oder psychischer Natur. Leider habe ich selbst schon Ablehnung erfahren weil ich gesagt habe, dass ich mich schön, intelligent, ehrlich und liebenswürdig finde. Eine Bekannte hat sich deshalb sogar mal für mich entschuldigt, damit, dass ich gerade sowieso auf einem Egotrip sei. Aber das war ich nicht. Ich bin noch immer so und werde das auch nie ändern, weil es mir so besser geht.
Aber ich will dich hier ermutigen zu dir zu stehen. Wenn du es schon tust, dann ist es mir eine wahre Freude, denn das tun die Wenigsten und es ist schwer so jemanden zu finden. Wenn nicht, dann würde ich dich gern um etwas bitten. Sag einmal laut: „Ich bin schön und ich zeige es. Ich bin intelligent und ich weiß es. Und die Menschen um mich herum sehen das alles auch.“ Und sei dir dabei sicher. Es ist nichts Schlechtes an sich zu glauben, aber man muss es – wie alles andere auch – erst lernen. Aber das Wichtigste ist, dass man es lernen kann. Hierbei gibt es kein können und nicht können.
Sei du selbst und lass dir von niemandem reinreden oder gar seinen Lebensstil aufzwingen. Wer dich nämlich dafür verurteilt, was du tust und wer du bist, der ist nicht neidisch. Das ist Bullshit. Das versucht einem zwar jeder, der es gut meint, zu erzählen, aber es ist einfach eine faule Ausrede. Wer dich wegen deiner Selbst verurteilt und dich dazu zwingen will dich zu verändern wo es nicht nötig ist, hält sich selbst für das Maß aller Dinge. Genauso wie die, die dir vorwerfen, du selbst würdest nur Aufmerksamkeit wollen und so einen Scheiß. Es ist also gerade anders herum als es gerne erzählt wird.

Ich wünsche dir alles erdenklich Gute.

Deine Joey