„Probier es doch.“
„Wenn du dich nicht
abwimmeln lässt, wird das mit uns noch etwas.“
„Bleib nur hartnäckig.“
„Geh einfach ran.“
„Ich will nicht.“
Was davon ist die
Bedeutung von Nein? Du hast einen Versuch.
„Hör auf“ bedeutet
nicht „Mach weiter“ doch damit du es verstehst muss ich etwas
anderes tun, was ich verabscheue. Nach dir schlagen. Nach dir treten.
Denn anders ist mein Nein nichts wert. Nicht für dich und nicht vor
dem Gesetz. Für dich ist mein Kleid ein Ja, mein Alkoholpegel ein
Ja,, das mehr Priorität hat als das, was ich wirklich will, denn mit
anderen schlafe ich ja auch. In meinem Alter sind die Wenigsten
Jungfrau. Ist das so schwer zu verstehen? Dass ich zwar schlafen
will, aber nicht mit dir? Ich bin müde und du bist mir zu blöd,
also lass mich in Ruhe nach Hause gehen. Alleine. Doch für dich ist
mein Kleid ein Ja, mein Pegel ein Ja und mein Singlestatus ein Ja. Für dich sind meine X-Chromosome ein Ja, mein Kleidungsstil
ein Ja und mein Nein ein Ja, mein gesprochenes „Hör auf“ ein
Ja und Einvernehmen optional.
Und in einer
Partnerschaft ist für viele alles sowieso egal.
Ich war 17 und du 18 und
wir seit circa einem Jahr zusammen. Ich war krank, lag auf deiner
Couch, weil du sagtest, du kümmerst dich um mich. Ich hatte
Kopfschmerzen, Hals und Nase dicht. Zarte siebzehn Jahre alt und seit
diesem Tag Opfer sexualisierter Gewalt. Ich war krank und wollte
nicht, doch du setzt dich einfach drauf auf mich und lachtest mir ins
Gesicht, denn Sex sei doch ein Allheilmittel, ich solle mich nicht so
anstellen. Ich war krank und klein und schmal und du warst schon
alleine in der Überzahl. Denn für dich war unsere Beziehung ein Ja,
meine Anwesenheit ein Ja und mein „Lass mich“ ein Vorschlag,
daher optional.
Ist mein Nein etwas wert?
Denn wenn du es
missachtest, dann bin ich verkehrt. Denn wäre mein Verhalten anders
gewesen, dann hätte ich mich ja gewehrt. Wenn du dich entscheidest
ist es meine Schuld. Merkst du auch, dass da etwas nicht stimmt?
„Was hattest du an?“
„Welche Hautfarbe hatte
er?“
„Wie viel hast du
getrunken?“
„Hast du irgendwelche
falschen Signale gesendet?“
„Warum hast du dich
nicht gewehrt?“
„Soll ich dich zum Arzt
und zur Polizei fahren?“
Welche Reaktion ist die
Richtige? Du hast einen Versuch.
Hast du schon mal davon
gehört, dass man starr vor Schreck sein kann? Wenn dir jeder Schrei
im Hals stecken bleibt und du dich nicht bewegen kannst? Wenn du dich
nicht einmal traust zu weinen und abwartest bis alles vorbei ist? Für
dich war meine Schockstarre ein Ja, meine kurze Hose ein Ja, mein
Alkoholpegel ein Ja, dass ich mit ihm geredet habe, ein Ja und
Einvernehmen optional.
Alles, was kein
ausdrückliches Ja ist, ist ein Nein. Wann wird mein Nein endlich
etwas wert sein? Muss ich schlagen, treten, schreien und meine
gewohnte Reaktion auf Angst vergessen? Soll ich bewusst steuern, dass
ich nicht vor Schreck erstarre?
„Probier es doch.“
„Wenn du dich nicht
abwimmeln lässt, wird das mit uns noch etwas.“
„Bleib nur hartnäckig.“
„Geh einfach ran.“
„Ich will nicht.“
Was davon ist die
Bedeutung von Nein? Du hast einen Versuch.