Donnerstag, 16. Juni 2016

Nein bedeutet Nein

„Probier es doch.“
„Wenn du dich nicht abwimmeln lässt, wird das mit uns noch etwas.“
„Bleib nur hartnäckig.“
„Geh einfach ran.“
„Ich will nicht.“
Was davon ist die Bedeutung von Nein? Du hast einen Versuch.
„Hör auf“ bedeutet nicht „Mach weiter“ doch damit du es verstehst muss ich etwas anderes tun, was ich verabscheue. Nach dir schlagen. Nach dir treten. Denn anders ist mein Nein nichts wert. Nicht für dich und nicht vor dem Gesetz. Für dich ist mein Kleid ein Ja, mein Alkoholpegel ein Ja,, das mehr Priorität hat als das, was ich wirklich will, denn mit anderen schlafe ich ja auch. In meinem Alter sind die Wenigsten Jungfrau. Ist das so schwer zu verstehen? Dass ich zwar schlafen will, aber nicht mit dir? Ich bin müde und du bist mir zu blöd, also lass mich in Ruhe nach Hause gehen. Alleine. Doch für dich ist mein Kleid ein Ja, mein Pegel ein Ja und mein Singlestatus ein Ja. Für dich sind meine X-Chromosome ein Ja, mein Kleidungsstil ein Ja und mein Nein ein Ja, mein gesprochenes „Hör auf“ ein Ja und Einvernehmen optional.
Und in einer Partnerschaft ist für viele alles sowieso egal.
Ich war 17 und du 18 und wir seit circa einem Jahr zusammen. Ich war krank, lag auf deiner Couch, weil du sagtest, du kümmerst dich um mich. Ich hatte Kopfschmerzen, Hals und Nase dicht. Zarte siebzehn Jahre alt und seit diesem Tag Opfer sexualisierter Gewalt. Ich war krank und wollte nicht, doch du setzt dich einfach drauf auf mich und lachtest mir ins Gesicht, denn Sex sei doch ein Allheilmittel, ich solle mich nicht so anstellen. Ich war krank und klein und schmal und du warst schon alleine in der Überzahl. Denn für dich war unsere Beziehung ein Ja, meine Anwesenheit ein Ja und mein „Lass mich“ ein Vorschlag, daher optional.
Ist mein Nein etwas wert?
Denn wenn du es missachtest, dann bin ich verkehrt. Denn wäre mein Verhalten anders gewesen, dann hätte ich mich ja gewehrt. Wenn du dich entscheidest ist es meine Schuld. Merkst du auch, dass da etwas nicht stimmt?
„Was hattest du an?“
„Welche Hautfarbe hatte er?“
„Wie viel hast du getrunken?“
„Hast du irgendwelche falschen Signale gesendet?“
„Warum hast du dich nicht gewehrt?“
„Soll ich dich zum Arzt und zur Polizei fahren?“
Welche Reaktion ist die Richtige? Du hast einen Versuch.
Hast du schon mal davon gehört, dass man starr vor Schreck sein kann? Wenn dir jeder Schrei im Hals stecken bleibt und du dich nicht bewegen kannst? Wenn du dich nicht einmal traust zu weinen und abwartest bis alles vorbei ist? Für dich war meine Schockstarre ein Ja, meine kurze Hose ein Ja, mein Alkoholpegel ein Ja, dass ich mit ihm geredet habe, ein Ja und Einvernehmen optional.
Alles, was kein ausdrückliches Ja ist, ist ein Nein. Wann wird mein Nein endlich etwas wert sein? Muss ich schlagen, treten, schreien und meine gewohnte Reaktion auf Angst vergessen? Soll ich bewusst steuern, dass ich nicht vor Schreck erstarre?
„Probier es doch.“
„Wenn du dich nicht abwimmeln lässt, wird das mit uns noch etwas.“
„Bleib nur hartnäckig.“
„Geh einfach ran.“
„Ich will nicht.“
Was davon ist die Bedeutung von Nein? Du hast einen Versuch.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen